Grit Schorch hat die erste umfassende Untersuchung zur Sprachauffassung des jüdischen Philosophen Moses Mendelssohn (1729–1786) vorgelegt und damit ein Desiderat der Forschung erfüllt. Die Analyse von Mendelssohns Sprachphilosophie führt den Leser quer durch die deutschen und hebräischen Teile seines Oeuvres. Die derart neu gewonnene Perspektive auf Übersetzungstheorie, Ästhetik, Metaphysik, Logik, Offenbarungsauffassung und Politik lässt einen erkenntnis- und wissenschaftstheoretischen Fallibilismus hervortreten, der von Mendelssohn in der Philosophie des jüdischen Mittelalters verankert und in der Auseinandersetzung mit den skeptischen Strömungen der Aufklärung geschärft wird. Mendelssohns Werk markiert den Anfang zweier Spracherneuerungsbewegungen, im Zuge derer Deutsch als jüdische Sprache und Hebräisch als Nationalsprache etabliert wurden. Sein philosophisch begründeter Multilingualismus wird als Alternative zu monolingualen Nationalsprachen-Konzepten beschrieben. Der Fluchtpunkt der Sprachphilosophie Mendelssohns ist damit keine Metaphysik, sondern die politische Idee einer gerechten, sozialen Ordnung. Die Dialektik von menschlicher und heiliger Sprache, von „irdischer und himmlischer Politik“ bestimmt diese Idee.