Die Karäer sind eine jüdische Bewegung, die im frühen Mittelalter entstand und deren Hauptmerkmal die Ablehnung der rabbinisch-talmudischen Tradition verbunden mit einer neuen Betonung des Literalsinns der Heiligen Schrift bildet. Jefet ben Eli hat als der bedeutendste Exeget der Jerusalemer Karäer des 10. und 11. Jahrhunderts in seinen Bibelkommentaren nicht nur für Karäer Maßstäbe gesetzt. Die zeitgenössische judäo-arabische Exegese steht im Spannungsfeld zwischen jüdischer Auslegungstradition und der Herausforderung des islamischen Umfelds. Jefets Psalmenkommentar ist ein herausragendes Beispiel für die in diesem Kontext artikulierte messianische Naherwartung in den Kreisen der karäischen 'Avelei Zion' (Trauernde Zions).Friedmann Eißler stellt hier nun erstmals eine umfassende Textdokumentation mit deutscher Übersetzung, detaillierter sprachlicher Analyse und ausführlicher Kommentierung von wesentlichen Auszügen aus Jefets opulentem Psalmenkommentar nach der Pariser Handschrift vor. Die Interpretation der Königspsalmen 2.72.89.110.132 erhellt die Messiaserwartung der karäischen Bibelgelehrten und profiliert das karäische Schriftprinzip, indem die implizite Auseinandersetzung mit dem großen rabbanitischen Widersacher, Saadja ben Josef, fortlaufend Berücksichtigung findet.Jefet ben Elis zentrales Thema ist die eschatologische Umkehrung der notvollen gegenwärtigen Verhältnisse, die von der Bedrängnis der Karäer durch den Islam und durch die Angriffe von Seiten der rabbanitischen Gegner geprägt sind. Diese heilsgeschichtliche Umkehrung soll durch die Umkehr der toratreuen Israeliten (sprich Karäer!) zum Gebet und zu Gottes Gebot vorbereitet und durch das in allernächster Zukunft erwartete Kommen des Messias vollendet werden.
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