Sich mit Jugendkriminalität analysierend und verstehend zu beschäftigen, setzt voraus, ein Knäuel unterschiedlichster Einflüsse, Bedingungen und In teressen zu entwirren. Jugendkriminalität ist auffallig häufig Gegenstand der öffentlichen Dis kussion. Von Medien wie auch Politikern wird dieses Thema eingebracht. Ei ne Überprüfung der veröffentlichten Daten zeigt fast regelmäßig, dass die Hy pothese einer immer stärker und immer jünger kriminell werdenden Jugend, wie sie in bestimmten Medien propagiert wird, nicht haltbar ist. Dennoch kann man damit rechnen, dass sie einige Monate später wieder in die Debatte eingebracht werden wird. Aus dieser Beobachtung entsteht die Frage, warum Jugendkriminalität poli tisch in einer Form thematisiert wird, die dem tatsächlichen Vorkommen nicht gerecht wird und außerdem Lebenslagen von Jugendlichen nicht in den Blick nimmt. Denn dies ist ein weiteres Merkmal der öffentlichen Diskurse: Die Le benssituation von Jugendlichen wird kaum berücksichtigt und Interessen und Wünsche der jungen Generation werden nicht zur Kenntnis genommen. Auch stellt sich die Frage, warum eine sachlich nicht nachvollziehbare Debatte so oft in eine Forderung nach härterer Bestrafung mündet, also prak tische Konsequenzen in Bezug auf einen nicht nachweisbaren Tatbestand ver langt werden. Aus den unterschiedlichsten wissenschaftlichen Perspektiven ist ein härteres Strafen fragwürdig: Aus juristischer Sicht muß es rechtsstaatlieh legitimierbar sein, die Strafforderungen in der politischen Diskussion sind es aber häufig nicht. Aus kriminologischer wie auch aus pädagogischer Sicht verfehlen gerade die geforderten harten Strafen die beabsichtigte Wirkung.