Im öffentlichen Diskurs einer Gesellschaft, deren Struktur wesentlich durch Individualisierung, Pluralisierung und Differenzierung geprägt ist, steht die Frage danach, was eine solche Gesellschaft eigentlich zusammenhält, regelmäßig auf der Tagesordnung. Sie wird ëberall dort aufgeworfen, wo "postmoderne Beliebigkeit und Unverbindlichkeit", "Orientierungskrise bzw. -verlust", "Sinnkrise" und schließlich eine "Bindungskrise" als Ergebnisse gesellschaftsanalytischer Betrachtungen benannt werden.Die Frage nach verbindenden Größen und Kräften stellt sich nicht nur auf gesamtgesellschaftlicher Ebene, sondern auch im Kontext von Großorganisationen wie der Evangelischen Kirche in Deutschland, die die fër die Gesamtgesellschaft charakteristischen Strukturmerkmale aufweist.In Bezug auf die evangelische Kirche stellt sich diese Frage sogar besonders dringlich. Schließlich hat sie auf Grund ihres reformatorischen Ursprungs die Förderung der Autonomie und der Emanzipation des Individuums in Glaubenssachen zu einem Proprium kirchlichen Handelns gemacht. Mit ihrer in Abgrenzung zur katholischen Kirche des Mittelalters geförderten institutionenkritischen Subjektivierung des Glaubens ist die evangelische Kirche zu einer Wegbereiterin der Moderne geworden. Als "Institution der Freiheit" (vgl. Rendtorff 1977) hat sie die modernen Strukturen maßgeblich mitgestaltet, die die gegenwärtige Gesellschaft, aber auch die soziale Binnenstruktur der Kirche selbst, prägen. Was hält eine gesellschaftliche Großorganisation wie die evangelische Kirche eigentlich zusammen?Die vorliegende Untersuchung will eine Antwort auf diese Frage geben. Sie richtet ihr Augenmerk auf Kommunikationsmuster zwischenmenschlicher Beziehungen, die helfen, alltägliche Interaktionssituationen zwischen einander fremden Menschen zu bewältigen.