Kann Wissenschaft ein Gegenstand nicht nur für Erkenntniskritik und historische Analyse, sondern auch für die Soziologie sein? Lange hieß es: nein! Spätestens mit Robert K. Merton ändert sich dies: Seither beschäftigt sich eine Wissenschaftssoziologie mit der Frage, wie die Produktion, Verbreitung und Geltung gesicherten Wissens möglich sind.
Das erhebliche Inventar an Theorien und Methoden, das zur Beantwortung dieser Frage zur Verfügung steht, verdankt sich der Soziologie als Heimatdisziplin der Wissenschaftssoziologie – angereichert hat sie es durch ihre Eingliederung in eine interdisziplinäre Wissenschaftsforschung sowie durch Kooperationen mit Nachbardisziplinen. Ob Diskurse oder Systeme, ob Organisationen oder Institutionen der Wissenschaft, ob Interaktionen mit Politik oder Öffentlichkeiten, ob neue Medien oder neue Arbeitsweisen, ob Nichtwissens- oder Technowissenschaftskulturen – wie die Beiträge des Handbuchs schlaglichtartig zeigen, widmet sich die heutige Wissenschaftssoziologie diesen und weiteren Themen mit hoher Auflösungskraft und Differenzierung.
Die Wissenschaftssoziologie untersucht sowohl die heterogenen Bedingungen und ambivalenten Effekte der Produktion, Verbreitung und Geltung gesicherten Wissens als auch der zunehmenden Wissensbasierung der Gesellschaft insgesamt. Es spricht deshalb einiges dafür, dass sie heute als Bindestrichsoziologie mit gesellschaftsdiagnostischem Potenzial betrachtet werden kann.