Durch die jahrzehntelange Editionsarbeit der Fichte-Gesamtausgabe der Bayerischen Akademie der Wissenschaften ist nun das gesamte Oeuvre Fichtes der Forschung zugänglich. Von besonderem Interesse sind dabei die Jahre 1810-1814, die nicht zuletzt aufgrund der lückenhaften Quellenlage bisher kaum als eigenständige Periode untersucht worden sind. Dabei verdienen sie größte Beachtung, nicht bloß weil sie Fichtes letzte Untersuchungen zur Transzendentalphilosophie beinhalten, sondern weil Fichte hier erstmals wieder seit Jena dauerhaft akademisch tätig ist – als Professor an der neu gegründeten Berliner Universität. Dieser Umstand führt zu einer ungeheuren Fülle an ausgearbeiteten Texten, die das hochspekulative Anliegen neu auf eine akademische Hörerschaft ausrichten und uns heute ermöglichen, intensiv und umfassend den letzten Stand Fichtescher Transzendentalphilosophie aus erster Hand zu studieren. Bewegt von der Lebensfrage Fichtes nach dem Wesen endlicher Freiheit, will die vorliegende Untersuchung erstmalig eine diesbezügliche Gesamtauswertung dieser Spättexte liefern. Dabei stößt sie auf die tragische Konkurrenz von Selbst und Bild; ein Entweder-Oder, an dessen Ende das Selbst das zu Vernichtende ist. Dies führt nun andererseits zu der systematischen Frage, ob man Selbst und Bild anders denken könne – als sich implizierend im Horizont absoluter Güte.