Als Lisa Hausmann-Lons 1935 einige fur die Veroffentlichung vorge sehene Briefe ihres im 1. Weltkrieg verstorbenen Mannes begutachtete, reagierte sie reichlich pikiert und sorgte sich urn das Ansehen des Heide dichters Hermann Lons: "Diese Briefe sollten einem Psychiater vorgelegt werden, aber nicht dem gro(3en Publikum. Sie stimmen wenig zu dem 'kriegsfreiwilligen, aufrechten Heros', zu dem ihn die Menschheit heutzutage abstempelt. " Dem Lons-Verleger Sponholtz erteilte sie den Ratschlag: "Da(3 Hennann LOns ein ganz anner Kerl war, der in krankhafter Weise von einem Extrem ins andere kam und mit sich und dem Leben nicht fertig wurde, 1 das kann ja dann in 50 Jahren noch friih genug jemand entdecken. " Solche und andere Oberraschungen kann man erleben, wenn man sich die Millie macht, in Archiven nach Zeugnissen von und tiber Hermann Lons zu suchen. Das Bild, das sich Lons-Verehrer von dem Verfasser zahlreicher Tiergeschichten und Naturgedichten tiber Jahrzehnte hinweg gemacht haben, stimmt nur in Spurenelementen mit der realen Person tiberein. Der Mythos Lons steht im Mittelpunkt dieser Untersuchung, doch solI hier nicht ein Denkmal vom Sockel geholt, sondern ein Stuck deutscher Kulturgeschichte erforscht werden. In einer interdisziplinaren Vorge hensweise, die den ideologiekritischen Ansatz der spaten 60er und der 70er Jahre mit werkimmanenter Untersuchung und Rezeptionsgeschichte, mit psychologischen, mentalitatsgeschichtlichen und historischen Aspek ten verbindet, versuche ich das Werk Hermann Lons zu analysieren, in einen geschichtlichen Kontext einzubinden und seine Wirkungsspuren bis in die Gegenwart zu verfolgen.